Empathische Kommunikation

Lange war ich davon ausgegangen, daß Menschen, wenn sie intensiv mit ihren Ängsten und emotionalen Belastungen arbeiten, automatisch besser kommunizieren können. Aber da habe ich mich geirrt. Das ist nicht der Fall. Deswegen habe ich seit einiger Zeit angefangen, zur Psychotherapie zusätzlich Kommunikationstraining einzuführen, wobei wir uns zunächst an die "Gewaltlose Kommunikation" nach Marshall Rosenberg gehalten haben, der aus dem gleichen Hintergrund kommt wie Carl Rogers mit seiner personenzentrierten Psychotherapie und Gene Gendlin mit seinem Focusing, die beide auch Wurzeln für das Souling sind.

Einige Dinge behandeln wir etwas anders als Rosenberg, und da ich den Begriff "gewaltlose Kommunikation" auch nicht so günstig finde, nenne ich das Kommunikationstraining im Souling "empathische Kommunikation".

 

Als Literatur zu empfehlen:

  • Serena Rust: „Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt" Koha-Verlag, ISBN 978-3-936862-77-5 eine leichte und kleine Einführung
  • Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation Junfermann, ISBN 978-387387-454-1 das Standardwerk von Rosenberg

 

 

Hier mal eine kurze Zusammenfassung, wie wir im Souling damit umgehen:

Bei Konflikten gehen wir mit folgenden Bausteinen vor. Ich nenne es Bausteine und nicht Schritte, weil die Reihenfolge verschieden sein kann.

Der positive Glaubenssatz oder das Motto für die empathische Kommunkation ist: „Ich bin in der Einfühlung mit mir und mit meinem Gegenüber, ganz egal, was passiert“

 

 

Präsenz und Teile-Sprache

Grundlegend für gute Kommunikation – ob in der therapeutsichen Sitzung oder im partnerschaftlichen Gespräch – ist unsere Präsenz. Präsent zu sein, bedeutet, daß wir wach und bewußt in unserem Körper und Atem sind. D.h., wir sind im Spürbewußtein und im Hier-und-Jetzt, sind uns beim Sprechen immer bewußt, was wir dabei im Körper spüren und wie unser Atem geht – und sind nie vollkommen absorbiert und identifiziert mit unseren Gedanken und Gefühlen. Wir sind dadurch im Selbst, im Beobachter und immer größer als unsere Gedanken und Gefühle.

Bei starkem Ärger oder schwierigen Gefühlen ist es dann immer gut, die Teilesprache zu benutzen. Du sagst dann nicht „Ich bin so ärgerlich auf dich“, sondern „Ein Teil von mir ist so ärgerlich auf dich“. Durch diese Ausdrucksweise wird automatisch bewußt und vermittelt, daß du mehr bis als dieses Gefühl, daß du auch andere Gefühle hast, als diesen Ärger – und das entschärft die Situation. Du kannst dann sogar mit dem Ärger aufdrehen und sagen: „Ein Teil von mir ist so ärgerlich, daß er dich an die Wand knallen könnte“ – und das Gegenüber wird sich trotzdem nicht so angegriffen fühlen wie bei identifizierter Sprache. Das kommt, weil du bei der Teile-Sprache im Selbst bleibst, also präsent bleibst – und das zählt bei Konflikten. Nicht so sehr, was du sagst, sondern wer es sagt – dein Selbst oder dein ärgerlicher Teil. Und sobald dein Selbst dabei ist und damit auch deine Präsenz – gibt es automatisch ein konstruktiveres Gesprächsthema. Denn mit dem Selbst haben wir auch bei großen Konflikten auch ein Gefühl für das, was in uns beiden gleich ist. Das sind wir im Beobachter, in der Bewußtheit und im Selbst.

Und ganz praktisch kommt das ganze Gespräch immer wieder in die Präsenz des Hier-und-Jetzt, wenn wir immer wieder fragen: „Und wie ist das jetzt für dich, wenn ich dir das sage?“ oder auch „Kannst du mir sagen, was du von dem verstanden hast, was ich gesagt habe?“ Der erste Satz führt immer wieder zur gegenwärtigen Befindlichkeit und der zweite dazu, das man sich wirklich zuhört. Auf diese Punkte zu achten ist immer konstruktiver als sich in seinen Argumenten zu verlieren.

 

Baustein1: Beobachtung ohne Bewertung

Hier sprechen wir von dem Verhalten des anderen, das unsere Gefühle ausgelöst hat. Wir versuchen das Verhalten ganz neutral zu formulieren und lassen unsere Bewertungen und Gefühle erst einmal vollkommen weg.

Also: „Du hast mir gestern nicht Auf-Wiedersehn gesagt“

Solch eine neutrale Formulierung wird helfen, daß der Gesprächspartner offen und neugierig auf unsere weitere Mitteilung bleiben wird. Was wir vermeiden, was ihn in Kampf oder Rückzug bringen würde, sind:

Vorhaltungen

Schuldzuschreibungen

Angriffe

Herabsetzungen

Heruntermachen und

abwerten

Das ist nicht leicht und muß gut geübt werden und manchmal muß man erst zum Baustein 2 gehen, damit dieser Baustein möglich ist.

 

Baustein 2: Das Gefühl

Dann teilen wir mit, was uns das für ein Gefühl gemacht hast. In unserem Beispiel z.B. „Und das hat mich traurig gemacht“. Gut ist dabei, wenn wir unser Gefühl so formulieren, daß es ganz uns gehört. Das geschieht automatisch, wenn wir es mehr in unserem Körper fühlen. Z.B. könnte man in unserem Beispiel noch den Zusatz machen „ich habe dabei richtig ein Zusammenziehen in der Brust gefühlt“.

Und gut ist es auch, daß wir unser Gefühl nicht so ausdrücken, daß wir den anderen dafür verantwortlich machen. Wir vermitteln, daß das Verhalten des Anderen zwar der Auslöser für unser Gefühl ist, daß er aber nicht der Urheber des Gefühls ist in dem Sinne „ich bin nur traurig, weil du...“. Erinnere dich noch mal daran, daß nur wir selbst durch unsere Interpretationen und Filterungen unsere eigenen Gefühle kreieren, wie es bei dem Kreieren des positiven Glaubenssatz geschrieben wurde.

 

Baustein 3: unser Bedürfnis

Hier formulieren wir jetzt unser Bedürfnis, was bei einem Konflikt nicht erfüllt worden ist. Diese Nichterfüllung ist eigentlich der Grund für unser Gefühl. In unserem Beispiel könnte ich sagen: „Und mein Bedürfnis nach Verbindung wurde nicht erfüllt“ oder „Mein Bedürfnis nach Kontinuität unseres Kontaktes wurde nicht erfüllt“.

Diese Formulierung hört sich zunächst etwas künstlich und gestelzt an, aber gerade bei diesem Baustein wird das Gespräch erst richtig seelisch. Es ist zwar schon ein Vorteil, wenn wir von unserem Gefühl sprechen können, wir zeigen dann mehr von uns, als wenn wir nur über den anderen oder über die äußeren Sachverhalte sprechen. Aber wir zeigen noch viel mehr von uns, wenn wir von unseren Bedürfnissen sprechen. Dann zeigen wir uns verletzlich – und das verändert die Stimmung und die Vibration der Kommunikation.

 

Die ersten 3 Bausteine bei Dank, Anerkennung und Liebe

Auch wenn wir jemandem danken oder wenn wir unsere Anerkennung oder Liebe ausdrücken, können wir das mit diesen drei Bausteinen ausdrücken. Denn wenn wir sagen:

• ich danke dir dafür, daß du....

• das hast du aber toll gemacht

• ich liebe dich

ist es so, daß wir trotz des positiven Inhaltes doch recht feste Bewußtseinsinhalte hinausgeben, ohne uns seelisch wirklich zu öffnen. Bei dem benutzen der Bausteine, kommen wir ja in einen Prozess. Wir wissen dann nocht nicht genau, was wir gleich sagen wollen, müssen in uns hineinspüren und schauen, was sich da zeigen will – und in solchem moment sind wir vollkomem präsent, im Hier-und-Jetzt. Unser Ausdruck ist ein Prozess und nicht das Weitergeben von schon vorher gedachten Produkten. Und wir zeigen uns dabei viel mehr, sind seelisch mehr da.

Wenden wir das einmal auf die obigen Beispiele an:

Ich danke dir, daß du.....

Du bist sofort gekommen, als meine Elektizität ausfiel und ich dafür Hilfe brauchte, und das gab mir ein Gefühl von Erleichterung und Enspannung und mein Bedürfnis nach Unterstützt-werden wurde sehr schön erfüllt. Dafür danke ich dir.

Das hast du aber toll gemacht (obwohl positiv, ist es auch eine Bewertung in gut und schlecht)

Du hast da ein so buntes und bewegungsvolles Bild gemalt, daß ich beim Ablick davon richtig Freude und Vitalität fühle und mein Bedürfnis nach Lebendigkeit wird dadurch sehr erfüllt. Dankeschön.

Ich liebe dich

Du schaust mich so strahlend und zugewandt an, und das gibt mir ein Gefühl von Entspannung und Freude und dadurch wird mein Bedürfnis nach Angenommensein so erfüllt und in mir entsteht ein großes Gefühl von Liebe zu dir.

Stell dir einmal vor, daß die drei unterstrichenen Sätze und dann die längeren Sätze mit den 3 Bausteinen zu dir gesagt werden und schau, wie sich das in dir anfühlt.

 

Baustein 4: unser Wunsch

Hier sprechen wir jetzt einfach darüber, was unser Wunsch ist. Bei Rosenberg ist jetzt wichtig, daß die Bitte – so heißt es bei ihm – nicht als Forderung geäußert wird, sondern als eine Bitte, die wir nur erfüllt haben wollen, wenn es wirklich aus dem Herzen des anderen kommt. Nicht aus Pflichtgefühl, Angst, abgelehnt zu werden, dem Drang zu gefallen oder aus Höflichkeit.

Im Souling haben wir die Erfahrung gemacht, daß dieser Punkt häufig dazu führt, daß trotz vorbildlicher Formulierung das Hauptgewicht zu stark auf der Frage liegt, was jetzt mit der Bitte geschieht und dadurch die Schönheit der seelischen Öffnung der ersten drei Schritte leicht verloren gehen kann. Im Souling gehen wir da ein Stück weiter und formulieren unseren Wunsch erst einmal ganz als unsere Sache. Es ist gut, es einmal auszusprechen, aber wir machen uns überhaupt keine Gedanken darüber, wie der Wunsch erfüllt werden könnte. Häufig löst sich schon viel durch das Aussprechen aus, besonders wenn es im Spürbewußtsein und im Atem geschieht, manchmal steht so stark unser inneres Kind dahinter, daß die Arbeit mit einer energetischen Methode oder einer heilenden Botschaft angemessen ist (siehe nächster Abschnitt) und manchmal hat der Andere Lust, den eigenen Wunsch zu erfüllen.

 

Baustein 5: therapeutische Arbeit mit dem Loch und dem Wunsch

Im Souling setzen wir im Konflikt mit einem anderen, z.B. einem Freund, aber auch bei der Partnertherapie nach den ersten 4 Bausteinen noch die Schritte aus dem Transformations-Prozeß ein. Für das „Loch“, den Mangel oder den Schmerz des anderen suchen wir einen Angst- oder Belastungssatz und machen eine Energiemethode, die der Betreffende sich wünscht. Häufig paßt hier gut das jibberish-Augenkreisen. Und danach schauen wir, welche heilenden Botschaften der Betreffende braucht und geben sie ihm.

Bei einer solchen Beziehungsklärung zwischen zwei Leuten gehen wir dann so vor, daß immer einer dran ist, sich ausdrückt, die Energiemethode macht und dann heilende Botschaften bekommt und dann der andere dran ist. So daß jeder ca. 10 Minuten dafür hat. Paaren empfehle ich, solch eine Beziehungsklärung von ca. 1 Stunde fest einen abend in der Woche zu machen.

Empathie


Die aufgeführten Bausteine geben ein gutes Gerüst für Konfliktgespräche, Beziehungsklärungen und seelische Kommunikation. Die Hauptsache dabei ist aber das Geben und Empfangen von Empathie. D.h. wenn unser Gegenüber sich ausdrückt, dann spiegeln wir ihm immer wieder zurück, was wir verstanden haben. Wenn er sagt: „Das war so gemein, daß du mir nicht auf Wiedersehen gesagt hast“, dann können wir verbalisieren: „Du warst so enttäuscht darüber, daß ich nicht auf Wiedersehen gesagt habe?“.

Und auch wenn wir uns zunächst bei einem solchen Spiegeln unwohl fühlen und vielleicht denken „Das ist ja wie bei einem Papagei“ – für den angesprochenen ist es meist nicht so. Der sagt erleichtert „Ja“ und freut sich, daß er verstanden wird. Es ist einfach eine Tatsache, daß wenn man empathisch verstanden wird, sich der Körper entspannt, das Herz sich öffnet und der Kopf klarer wird.

Und natürlich brauchen wir diese akzeptierende Einfühlung auch in uns selbst. Und das üben wir ja im zweiten Abschnitt des Transformations-Prozesses.

Dieses Geben von Empathie ist ein wohl nie endender Lernprozeß. Es ist die Kommunikation des Herzens, während das, was mir meist im Elternhaus und in der Schule gelernt haben, die Kommunikation der Abwehrstrukturen ist. Rosenberg nennt das die Kommunikation der Giraffe (weil sie von den Landsäugetieren das größte Herz hat) und die Kommunikation des Wolfes. Und es lohnt sich, zu lernen, immer mehr vom Herzen kommunizieren zu können. Aber nicht dadurch, daß wir sagen „Ich verstehe dich“, sondern dadurch, daß wir es wirklich tun, nämlich dem anderen sagen, was wir von dem verstanden haben, was er gesagt hat.

Mit einem Kriterium können wir leicht sehen, ob wir im moment im Herzen oder der Giraffenwelt sind, oder in einer Abwehrstruktur oder der Wolfswelt. Wenn wir im Herzen sind, dann gibt es kein „Richtig“ und „Falsch“ und kein „gut“ und „schlecht“. Und sind wir in diesen Kategorien, dann sind wir in der Wolfswelt.

Nur jenseits von „richtig“ und „falsch“ gibt es eine richtige seelische Verbindung zwischen Menschen.

 

Joining


Ein mehr nonverbale Methode, die wir im Souling mit Freunden oder auch in Liebesbeziehungen häufig benutzen, ist das joining – eine Art Augenmeditation. Diese Methode hilft oft da weiter, wo es im Gespräch gerade stockt und ist auch ohne Probleme oder Konflikte eine wunderbare Methode, um die Energiefelder miteinander zu verbinden, im meditativen Bewußtsein miteinander zu sein und immer mehr Verbundenheit und manchmal sogar Einheit erleben zu können.

Und auch dann, wenn es mit der Sexualittät in einer Partnerschaft nicht so optimal läuft, wie beide es wünschen, dann kann ein joining, bevor man miteinander ins Bett geht, Wunder wirken.

Ihr setzt Euch dabei voreinander hin – auf Stühlen oder im Meditationssitz – spielt schöne Musik, schaut Euch in die Augen und atmet tief durch den Mund Bauch-Brust-Alles-aus, wie bei der Atemaufladung.

Bei der Musikauswahl könnte ihr ganz frei vorgehen und das aussuchen, was Euch die besten Gefühle macht. Es kann Vangelis oder die Filmmusik vo „Mission“ sein oder auch alle amerikanischen Love-songs, die auch ruhig etwas kitschig sein können.

Und wenn ihr Euch jetzt in die Augen schaut und tief atmet, dann ist es wichtig, daß ihr ganz bei Euch selbst bleibt, Euren Körper fühlt und alle Gefühle, die dabei hochkommen. Paßt Euch nicht an den Rhythmus des Partners an und laßt auch alles soziale Verhalten, wie beruhigendes Lächeln usw. Und wenn ihr ganz bei Euch bleibt, dann werden sich auch viele Ängste und Schamgefühle melden, wenn ihr diesen stark energetisierten Zustand mit Eurem Partner teilt. Und dann einfach in die Ängste und Schamgefühle hineinatmen, sie begrüßen und ihnen Raum geben, und sie werden sich auflösen und ihr kommt in immer höhere energetische Zustände und bekommt immer mehr ein Gefühl dafür, wo ihr beide eigentlich eins seid.

 

Wachsstumsorientierte Partnerschaft


Partner, die mit der empathischen Kommunikation und mit joining arbeiten und z.B. auch mit dem Souling®-Transformations-Prozess arbeiten, gehen eine Beziehung ein, die unter dem Stern des seelischen Wachstums steht. Da ist es nicht das Hauptziel, daß beide sich glücklich machen und ihre Bedürfnisse erfüllen, sondern sie stehen eher unter dem Motto: „Ich will Liebe lernen mit dir“. D.h. man ist sich bewußt, daß keiner voll liebesfähig ist und wir alle nur auf dem Weg dahin ist. D.h. auch, man ist sich seiner Wunden, seiner Verletzungen, seiner Löcher und seiner Charakterstruktur bewußt.

Und man begrüßt aufkommende Konflikte, weil man weiß, daß dadurch der eigene Charakter konfrontiert und durchgearbeitet wird. Man vertraut dabei auch einer Höheren Macht, daß sie einem immer das schickt, was gerade richtig für einen ist. Und anstatt den Partner verkrampft verändern zu wollen, weil er uns nicht das gibt, was wir wollen, gehen wir nach Innen, machen unseren Prozeß und lösen unsere Wunden und Löcher im Inneren auf.

So kommen wir immer mehr heraus aus dem Bild von zwei Bettlern, die sich gegenseitig in die Taschen fassen und vom anderen etwas haben zu wollen und kommen immer mehr zu dem Bild von zwei Menschen, die immer mehr von Licht, Liebe, Glück und Freude überfließen und das miteinander teilen.

Und das ist natürlich ein Prozess, der durch die empathische Kommunikation und die Arbeit mit dem Souling®-Transformations-Prozess angestoßen und begleitet wird.